Biosphäre Bliesgau als wichtiger Baustein
für regionale Entwicklung 

Bürgerversammlung in Reinheim mit vielen Ideen

Wie man gemeinsam die Herausforderung durch die Einrichtung der Biosphäre Bliesgau effektiv angehen kann, darum ging es bei einer Bürgerversammlung mit vielen Interessierten in Reinheim.

Ein Bericht von Wolfgang Degott erschienen im Pfälzischen Merkur am 19. April 2006

Reinheim. Gut gefüllt war der Seminarraum des "Maison Jean Schaub" in Reinheim, als der Gersheimer Beigeordnete Klaus Fischer feststellte, dass die kommende Biosphäre Bliesgau ein Mosaik lebendiger Vielfalt darstellen könne. Er machte bei der Bürgerversammlung zur Thematik Biosphäre Bliesgau deutlich, dass von Seiten der Gemeinden und des Umweltministeriums alle Kräfte gebündelt werden sollen, um eine nachhaltige Regionalentwicklung des Bliesgau voran zu bringen. Die Teilnehmer entwickelten zahlreiche Ideen. Wie der Bliesgau konkret aussehen könnte, darüber wurden sich viele Gedanken gemacht. Die energetische Nutzung von Biomasse, wie beispielsweise der Anbau von Energiegetreide oder der Bau einer Biogasanlage wurden als wichtige Ansatzpunkte benannt. Unter der Überschrift "Keiner ist so stark wie wir alle" soll das Miteinander von jungen Familien und der älteren Generation gefördert werden. So könnten ältere Menschen in den Schulen Geschichten aus der Vergangenheit erzählen und so bei den Kindern ein Bewusstsein für ihre Heimat wecken.

Schullandheim als Chance
Gerade im Zusammenhang mit dem ökologischen Schullandheim in Gersheim bieten sich hier hervorragende Möglichkeiten. Weiterhin wurde Umwelt- und Naturschutz als wichtiges Thema aufgegriffen. Wegen seiner zahlreichen Naturschutzgebiete sei der Bliesgau Ziel vieler Besucher und die Nachfrage nach sachkundige Führungen steige stetig. Auch wurde herausgestellt, dass die Besonderheit der Bauerndörfer, die Verbindung von Geschichte und Kultur, die saarländische regionale Küche sowie die besondere Mentalität der Menschen durch die Nähe zu Frankreich geprägt seien. Die Anerkennung des Bliesgaus als Unesco-Biosphärenregion stelle einen wichtigen Baustein der Regionalentwicklung dar.

Rhön ein gutes Beispiel
"Mit dem Biosphärensiegel zeichnet die Unesco weltweit Regionen aus, die aus wertvollen Kulturlandschaften bestehen und als internationale Modellregionen für ein ausgeglichenes Zusammenleben von Mensch und Natur gesehen werden können", erläuterte Katja Königstein vom Taurus-Institut der Uni Trier. In Deutschland gebe es derzeit 14 Unesco-Biosphärenreservate. Wohl bekanntestes Beispiel sei die Rhön. "Die Vermarktung des Rhönschaf und der Rhöner Apfel-Spezialitäten helfen hier, so manchen Arbeits- und Ausbildungsplatz zu sichern."Detlef Reinhard vom saarländischen Umweltministerium wertete insbesondere die Teilnahme zahlreicher junger Menschen an der Reinheimer Veranstaltung als Zeichen dafür, dass die Bemühungen zur Ausweisung einer Biosphärenregion auf fruchtbaren Boden fallen.

Gemeinsam haben die Bliesgaugemeinden in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium einen Ideenwettbewerb mit den Kategorien "Wirtschaften - Nutzen - Versorgen", "Stadt-Land-Dorf" und "Bildung - Innovation - Kommunikation" ausgeschrieben.

Teilnehmen können Privatpersonen aus dem Bliesgau sowie Vereine, Verbände oder Lokale Agenda Gruppen. Ausführliche Informationen sind auch auf der Website www.region-bliesgau.de abzurufen. 

  mehr zur Biosphärenregion    

 

Gute Ideen für den Bliesgau 

Informationveranstaltung zum Biosphärenleitbild in der Bliesgau-Festhalle in Blieskastel

Ein Bericht von Ferdi Brabänder erschienen im Pfälzischen Merkur am 21.03.2006

Vielfältig und originell waren die Ideen der Teilnehmer einer Informations-Veranstaltung zum Thema Leitbild in der Region Bliesgau. Das Taurus-Institut hatte Bürger nach Blieskastel eingeladen, um sich über die künftige Biosphären-Region und ihre Möglichkeiten auszutauschen - und dabei eigene Visionen zu entwickeln. Dabei wurden verschiedene Handlungsfelder erarbeitet. Weitere Veranstaltungen dieser Art folgen.

Blieskastel. Ein Bliesgau-Siegel für hervorragende Produkte aus dem Biosphärenreservat, ein Bliesgau-Hotel mit Angeboten aus der Region, ein optimierter Personennahverkehr im Bliesgau, ein Schullandheim im Dreiländereck bei Brenschelbach, Fernsehprojekte mit Informationen aus der Region, die Herstellung von Möbeln aus heimischem Holzgewinn: Die Ideen der Teilnehmer einer Informationsveranstaltung in der Bliesgau-Festhalle Blieskastel über die Zukunft des Bliesgaues waren vielfältig und originell zugleich. Die Veranstaltungsgäste entwickelten am Freitagabend in einer Informationsveranstaltung zum Thema Leitbild der Region Ideen, mit denen die Zukunft des Bliesgaues geprägt werden soll.

"Wir gestalten Gemeinsamkeit, entwickeln unsere Zukunft und nutzen dabei unsere Verschiedenheit" so war die Vorgabe aus dem saarländischen Umweltministerium, die zusammen mit dem Taurus-Institut der Universität Trier entwickelt wurde. Zu den verschiedenen Themen wie Wirtschaften, Nutzen, Versorgen, Bildung, Innovation und Kommunikation sowie Stadt, Landschaft und Dorf waren die Diskussionsteilnehmer aufgefordert, ihre Ideen darzustellen. Und obwohl im Vorfeld noch kontrovers diskutiert wurde, konnten sich die Veranstalter dennoch über die ideenreiche Arbeit der Teilnehmer freuen.

 

Bunt gemischte Schar

Die Teilnehmer der Veranstaltung waren über Veröffentlichungen in der Presse eingeladen worden und setzten sich also nicht aus Vertretern politischer Organisationen oder Mitgliedern bestimmter Verbände zusammen. Es war eine bunt gemischte Menschenschar, die alle aus persönlichem Interesse in die Festhalle gekommen waren. Die Veranstalter wurden von der großen Besucherzahl überrascht, es mussten zusätzlich Stühle bereitgestellt werden, um jedem Gast einen Sitzplatz zu bieten.

Seit Ende des Jahres 2005 wird an einem Leitbild für die zukünftige "Biosphäre Bliesgau" gearbeitet. Dabei soll das Leitbild die Region charakterisieren und Entwicklungsperspektiven für die kommenden Jahre aufzeigen. In Gesprächsrunden mit Bürgermeistern, Angehörigen der Gemeinderäte und Vertreterinnen und Vertretern wichtiger Vereine und Verbände wurden Handlungsschwerpunkte der Region ermittelt und so genannte Handlungsfelder erarbeitet, die von Themen wie "Leben und Wohnen im Bliesgau" über Fragen zum weiteren Tourismus- und Freizeitangebot bis hin zu Aspekten der wirtschaftlichen Entwicklung und der Arbeitsmarktsituation in der Region reichen. Aus den verschiedenen Elementen des Prozesses wurde später ein übergeordnetes Leitbild entwickelt, das nun als Vorschlag in die Gespräche eingeht. Gleiche Veranstaltungen finden am Freitag, 24. März in St.Ingbert-Hassel (Eisenberghalle) und voraussichtlich am 7. April in Mandelbachtal oder Gersheim statt.

"Bereits seit einem halben Jahr bereitet das Ministerium zusammen mit dem Taurus-Institut an der Universität Trier diese Leitbilddiskussion vor", die, so erläuterte Detlef Reinhard vom Umweltministerium, für die Entscheidung des nationalen Biosphärenkomitees äußerst wichtig ist. Die Änderung des saarländischen Naturschutzgesetzes mit dem Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung seien formale Notwendigkeiten, über die demnächst entschieden werde. Die Leitbildentwicklung wäre eine zusätzliche, wichtige Entscheidungshilfe für die Gremien.

Katja Königstein vom Taurus-Institut hatte Vorarbeit geleistet und den Teilnehmern weltweite und nationale Biosphärenreservate vorgestellt. Sie zeigte auf, welche außerordentliche Bedeutung eine derartige Anerkennung haben kann. "Wir befinden uns in auserwählter Gesellschaft mit großen Landschaften um den Kilimandscharo, mit weiten Landstrichen in Südamerika und ausgewählten Gebieten in Australien, wo die Koala-Bären beheimatet sind" so die Diplom-Geographin, die auch erfolgreiche deutschen Biosphärenreservate vorstellen konnte. Königstein: "Biosphärenreservate sind Gebiete und Regionen, die aus wertvollen Kulturlandschaften bestehen und als internationale Modellregionen für ein ausgeglichenes Zusammenleben von Mensch und Natur gesehen werden können."

 

Stichwort: Leitbild

Ursprünglich kommt der Begriff "Leitbild" aus der Raumplanung. Dort ist damit ein grobes Bild einer angestrebten Zukunft gemeint, welches das Handeln auf dieses Ziel hin koordiniert. Leitbilder verbinden also die Teilziele einzelner Sachgebiete oder Abteilungen bei arbeitsteiligen Prozessen und Organisationen (zum Beispiel Verkehr, Umwelt, Städtebau). Das Leitbild hat eine Orientierungsfunktion für Entscheider und Öffentlichkeit. Leitbilder werden für räumliche Planung und Politik (Leitbild von Ländern, Regionen, Städten) seit etwa 1990 vermehrt erarbeitet. Leitbilder sind also demnach Zukunftsentwürfe und sollen als Orientierungshilfe für weiteres Vorgehen dienen.

Auch in Biosphärenreservaten werden in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung solche Leitbilder entwickelt, um die Schwerpunkte der Entwicklungsarbeit und die weiteren Perspektiven zu identifizieren. 

 

 

Biosphärenregion Bliesgau: Was heißt das ?  

Ein "Adelstitel" für den Bliesgau?                               

Ein Bericht von CHRISTIANE DE ZALEWSKI erschienen in der  Saarbrücker Zeitung am 10.12.2001

Sanfte, mit Obstbäumen übersäte Hügel, magere Muschelkalkböden und Mähwiesen, auf denen seltene Orchideen gedeihen, ein mildes Klima, lichte Auen entlang der Blies, Fledermäuse und Falter, Biber und Bauern, die wenig Intensivlandwirtschaft betreiben - der Bliesgau ist eine einzigartige Region in Mitteleuropa. Gleichzeitig gilt der Landstrich zwischen Reinheim und Einöd, Brenschelbach und Habkirchen auch als "strukturschwach". Trotz eines florierendes mittelständischen Gewerbes finden bei weitem nicht alle "Bliestaler" Arbeit vor der Haustür. Die meisten arbeiten in den Industriestandorten Homburg oder Saarbrücken. Und die Kommunen Blieskastel, Gersheim und Mandelbachtal sind hoch verschuldet. Da nutzt den Blieskastelern ihre schöne barocke Altstadt und die reizvolle landschaftliche Umgebung wenig: Bislang ist es nicht recht gelungen, diese Pluspunkte gewinnbringend zu vermarkten.

Kein Wunder, dass man mit großem Interesse im vergangenen Frühjahr die Idee einer Biosphärenregion Bliesgau aufgenommen hat. Der saarländische Umweltminister Stefan Mörsdorf ist ein großer Freund eines solchen Vorhabens und möchte aus dem Bliesgau eine UNESCO-Modellregion schaffen. In zahlreichen Informationsveranstaltungen ist seitdem erläutert worden, was unter einer Biosphärenregion zu verstehen ist. Vor allem die Landwirte stehen dem Projekt jedoch skeptisch gegenüber, befürchten sie doch, noch mehr von Naturschutzvorgaben eingeengt zu werden. Doch wird von den Initiatoren des Projektes immer wieder betont, dass der Naturschutz nicht das einzige Ziel einer Biosphärenregion sei. In einem Arbeitspapier, das Volker Wild von der Abteilung Natur und Mensch im Umweltministerium vorgelegt hat, heißt es zu der Frage, was Biosphärenregionen sind:

"Großflächige, repräsentative Ausschnitte von Natur- und Kulturlandschaften, die zum überwiegenden Teil ihrer Fläche unter gesetzlichem Schutz stehen. In ihnen werden - gemeinsam mit den hier lebenden und wirtschaftenden Menschen - beispielhafte Konzepte zu Schutz, Pflege und Entwicklung der Landschaft erarbeitet und umgesetzt.

Zielsetzung ist damit nicht der ausschließliche Schutz von Landschaften, unter Ausschluss von Nutzungen, sondern die Einbindung der Nutzungsansprüche des Menschen in ein integriertes Gesamtkonzept ..." Also Naturschutz durch Nutzung. Das heißt, die typische Kulturlandschaft, die Land- und Forstwirtschaft geschaffen haben, soll erhalten bleiben, der Tourismus und die regionale Wirtschaft sollen gefördert und nachhaltig entwickelt werden, alle Produkte, Dienstleistungen, Sehenswürdigkeiten, Attraktionen sollen unter einer gemeinsamen Dachmarke präsentiert werden. Dabei hat Volker Wild schon eine Reihe von "Ereignisspunkten" ausgemacht: die Lokale-Agenda-21-Gruppen, Streuobstinitiativen, den Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim, Erholungs- und Freizeiteinrichtungen (Bliestalfreizeitweg, Gänseweg u. a.), das geplante ökologische Landschulheim in Gersheim, das Naturschutzgroßvorhaben Bliesgau/Auf der Lohe, das Orchideengebiet Gersheim und viele andere. Die Frage ist nur, wo beginnt man, wie geht man vor, um letztlich einmal das begehrte und werbewirksame UNESCO-Prädikat einer Biosphärenregion zu erhalten? Denn diese Auszeichnung ist so etwas wie ein "Adelstitel" für Regionen, wie Wilhelm Bode vom Umweltministerium es ausdrückte. Einige Menschen haben schon konkret mit der Arbeit begonnen. Ein Verein der Freunde der Biosphärenregion Bliesgau hat sich gegründet. Vorsitzender ist der ehemalige saarländische Umweltminister Berthold Budell. Die Arbeit des Vereins wird bei der Podiumsdiskussion der "Saarbrücker Zeitung" am Dienstag ebenso vorgestellt und diskutiert wie viele andere Aspekte des Biosphären-Projektes. Daneben soll auch Natur- und Umweltschutz im Bliestal ganz allgemein Thema sein.

 

                              Bericht: Saarbrücker Zeitung vom 14. März 2002

"Nur Biobauern, das ist eine Utopie" 

Berthold Budell vom Verein der Biosphärenfreunde hofft auf Gesprächsbereitschaft der Bauern

Saarpfalz-Kreis (zal). "Das ist doch klar, dass das nicht der Fall sein kann, 36000 Hektar zum Naturschutzgebiet zu machen!" Berthold Budell, früherer saarländischer Umweltminister und Vorsitzender des Vereins der Freunde der Biosphärenregion Bliesgau, kommentierte der "SZ" gegenüber gestern einen Pressebericht vom Vortrag im Pfälzischen Merkur. Die Saarpfalz zu einem "einzigen Naturdenkmal" zu machen, das sei weder angestrebt noch machbar. Eine Biosphärenregion sei bekanntlich in Zonen gegliedert. Lediglich drei Prozent der Fläche sei eine so genannte Kernzone, die absolut tabu für menschliche Eingriffe ist. Weitere 17 Prozent gelten als Pflegezone, in der Naturschutz Vorrang hat. Aber 80 Prozent des Gebietes sind Entwicklungszone, wo Landwirtschaft, Gewerbe, Tourismus und andere Projekte betrieben werden können wie bisher. Wie berichtet, hatten die Bauern der Kreisverbände Saarpfalz und Saarbrücken am vergangenen Donnerstag in Blieskastel mit großer Mehrheit - 94 Prozent - die Biosphärenregion Bliesgau abgelehnt. Mit zu der ablehnenden Haltung hatte auch ein Schreiben des Biosphären-Vereins beigetragen, das am Vortag aus dem Umweltministerium an die Bauern der beiden Verbände geschickt worden war. Der saarpfälzische Kreisvorsitzende des Bauernverbandes Richard Schreiner hatte ebenso wie sein Bischmisheimer Kollege Karsten Schmeer dieses Schreiben ebenfalls erhalten. Darin wurde der Versuch unternommen, die Bauern in ihrer Haltung noch einmal umzustimmen. Das empfanden laut Schreiner die meisten seiner Kollegen als weiteren "mikropolitischen" Versuch. Berthold Budell zeigte sich gestern nicht sehr glücklich über dieses Schreiben, das er dennoch für gerechtfertigt hält. Er distanzierte sich jedoch noch einmal ganz deutlich von solcher "Mikropolitik", wie sie die Landwirte dem Umweltministerium auch schon im Zusammenhang mit einem Gutachten zur geplanten Biosphärenregion vorgeworfen hatten. Hier hatte es auf Seite 107 geheißen: "Ziel dieser Mikropolitik soll es sein, die Person mit einer abwehrenden Haltung gegenüber der Idee des Biosphärenreservates dazu zu bringen, diese Haltung nicht weiter zu verfolgen." Berthold Budell dazu: "Das ist ganz schlimm und das ist nicht mein Stil. Damit kann ich mich nicht identifizieren." Er meinte jedoch auch, dass diese eine Seite in dem dicken Gutachten in unangebrachter Weise zu einem "Popanz aufgeblasen" werde. Die meisten Kritiker hätten wahrscheinlich das Gutachten selbst nicht gelesen, sondern sich lediglich auf diese eine Seite gestürzt. Die Bauern und Schreiner sollten das nicht alles "auf die Goldwaage legen", so der Homburger weiter, der hofft, mit den Landwirten bald wieder ins Gespräch zu kommen. Man wolle weitermachen, das könne jedoch zeitlich begrenzt sein, denn: "Wenn es zu keinem Konsens kommt, dann hat das Projekt sein Ende gefunden." Zu dem Vorwurf, er wolle nur noch Biobauern im Bliesgau sehen, sagte der Ex-Minister, dass er persönlich die Biolandwirtschaft zwar favorisiere, gleichzeitig aber wisse, dass eine komplette Umstellung auf "Bio" eine Utopie sei. Bei der Abstimmung in Blieskastel vergangene Woche hatten sich lediglich die Biobauern in der Region für das Projekt ausgesprochen.

Kreisbauern-Chef Richard Schreiner betonte der "SZ" gegenüber noch einmal, dass die Pflege der Kulturlandschaft im Bliesgau nur durch die Summe aller Landbewirtschafter und deren Produktion von Lebensmitteln gewährleistet sei. Das könne auch auf keinen Fall nur mit "Nischen-Produkten" geschehen. "Für den Erhalt der Landschaft sind die Landwirte vonnöten; dass sie zu so einem Projekt gefragt werden und dass von Seiten des Ministers auf unsere Meinung Wert gelegt wird, haben wir als Bauern und Verband zugesichert bekommen. Von Herrn Stefan Mörsdorf persönlich." Und 150 Bauern und ihre Familien hätten sich zurzeit nun einmal gegen das Projekt entschieden. Lediglich 15 Biobauern gebe es in der Region. Schreiner: "Der Absatz von Produkten dieser Erzeugungsweise ist begrenzt. Die Produkte sind und müssen deutlich teurer sein und das können und wollen sich nicht alle Verbraucher leisten." Schreiner weist auch noch einmal auf die große Zahl von Naturschutzflächen im Bliesgau hin. Außerdem meint er: "Dass die Landschaft im Bliesgau so ist wie wir sie alle sehen und erleben können, ist Ergebnis der Landbewirtschaftung, wie sie hier seit vielen Jahren und Jahrzehnten betrieben wird. Wenn das falsch wäre, was wir machen, dann hätten wir keine Orchideenwiesen, keine Streuobstflächen, keine Tiere, an denen wir uns erfreuen können und keine Besucher von außerhalb, die den Bliesgau wunderschön finden."

 

                              Bericht: Saarbrücker Zeitung vom 10. April 2002

Bitte der Grünen: "Biosphären-Region weiter verfolgen"

Offener Brief des Stadtverbandes Homburg an den saarländischen Umweltminister Stephan Mörsdorf

Homburg (SZ). Der saarländische Umweltminister soll das " auf Ihre Anregung und unter Mitarbeit vieler engagierter Verbandsvertreter entwickelte Unesco-Projekt Biosphären-Region Bliesgau weiter verfolgen und die entsprechenden Zonierungen in das novellierte saarländische Naturschutzgesetz aufnehmen". Diese Bitte hat Winfried Anslinger als Sprecher des Stadtverbands Homburg der Bündnisgrünen in einem offenen Brief an Stephan Mörsdorf geäußert. Die Partei halte es nicht für angemessen, das Projekt an der ablehnenden Haltung des Kreisbauernverbandes scheitern zu lassen, betonte Anslinger.

Zwar spiele die Landwirtschaft eine wichtige Rolle in der Landschaft, doch gebe es keine Veranlassung, einer zahlenmäßig kleinen Interessengruppe ein Vetorecht bei einer so wichtigen Gestaltungsaufgabe einzuräumen, heißt es in dem Schreiben weiter. Ein regionales Gestaltungskonzept sei Sache der ganzen Gesellschaft und habe alle Interessen zu berücksichtigen. Der Bündnisgrüne: "Die Vorteile für unsere Region liegen auf der Hand: Es werden Fördergelder in den Saarpfalz-Kreis fließen, der Raum wird als Freizeitbereich aufgewertet, Arbeitsplätze im Gastgewerbe, Handwerk und Tourismus werden geschaffen, die biologische Vielfalt wird wiederhergestellt und gesichert, die Landwirte haben die Chance zu höherer Wertschöpfung in ihren Betrieben. Und es wird ein größeres Angebot an regionalen, biologisch erzeugten Lebensmitteln geben; es wird Anreize geben, kulturelle Highlights zu entwickeln Von diesen Möglichkeiten werden viele Menschen profitieren: Erholungssuchende, Beschäftigte und die große Mehrheit der Bewohner." Deshalb sei es unverständlich, so Anslinger, "warum eine kleine Lobbygruppe mit unzutreffenden Argumenten und Polemik sich gegen diese Chance sperrt". Angst vor "Reglementierungen" könne kein Argument sein, denn zum einen verhinderten die Auflagen durchaus nicht die bisherige Wirtschaftsform, zum anderen erwüchsen den Bauern durch die Möglichkeit zum subventionierten Anbau von Energie und Faserpflanzen, Bioprodukten und Vermarktungs-Möglichkeiten in der Region ganz neue Handlungsspielräume. Der Stadtverbands-Sprecher der Bündnisgrünen: "Hierzu bedarf es allerdings flankierender Maßnahmen, vor allem der Entwicklung regionaler Förder- und Vermarktungs-Strukturen. Die Bauernlobby, die nicht für alle Bauern sprechen kann und weitaus weniger als ein Prozent unserer Bevölkerung repräsentiert, hat sich unglaubwürdig gemacht."

Lippenbekenntnisse zu nachhaltiger Landwirtschaft und Bewahrung der Region widerlegten sich angesichts der Agrar-Steppen, die eine industrialisierte Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten hinterlassen und die ursprüngliche Bliesgau-Region zerstört hätten.

 

 

Viele Fragen sind noch offen

Das Gebiet für die geplante Biosphärenregion soll sich fast über den gesamten Saarpfalz-Kreis und einen Teil des Stadtverbandes Saarbrücken erstrecken. Im Osten grenzt es an Reinland-Pfalz, südlich an Frankreich. Westlich grenzt es an den Stadtverband, St. Ingbert und den Kreis Neunkirchen. Homburg ist bis auf Erbach und Bruchhof in die Biosphärenregion einbezogen. Blieskastel, Gersheim und Mandelbachtal liegen vollständig in der Region. 

 

Der "Bund für Umelt und Naturschutz" (BUND) kritisiert in einem Positionspapier die Vorstellungen der Kommunen im Bliestal zur Ausweisung einer Biosphärenregion als "nebulös".
Die Bereiligten würden nur an die "glänzende Vermarktung des Bliesgaus denken". Der Blieskasteler Bürgermeister trete dem Verein Biosphärenregion Bliesgau bei und wolle gleichzeitig den großen Verkehrskreise mit einem Teil in die ökologisch wertvolle Bliesaue bauen. "Für ihn sei der Verein nur ein Marketing-Instrument." Die BUND-Mitglieder weisen auf bestehende Mängel und noch nicht gelöste kommunalpolitische Aufgaben hin: "Die Gemeinde Gersheim hat noch keine Kläranlage für die Abwässer. Im Kalkbergwerk Gersheim werden weiter Problemabfälle eingelagert. Der Golfplatz in Gersheim-Rubenheim bedroht anerkannte Bio-Landwirte existenziell und das Bliestal werde durch zu intensive Grundwasserentnahme belastet. Die Verantwortlichen sollen erst die Voraussetzungen schaffen, bevor sie an die Auszeichnung "Biosphärenregion" denken (vgl. Saarbrücker Zeitung, vom 20.12.2001).

Die Landwirte sind skeptisch, weil die Diskussion bisher überwiegend in Richtung Naturschutz verläuft. Richard Schreiner , Vorsitzender des Bauernverbandes, fordert die wirtschaftliche Wertschöpfung der Region in Form von Produktvermarktung. So müssen auch die Produkte unserer Region auf den Speisekarten erscheinen. In der Biosphärenregion dürfe es nicht nur um Naturschutz gehen, sondern auch um die Nutzung der Kulturlandschaft. 

Vertreter des saarländischen Umweltministeriums haben zur Biosphärenregion folgende Vorstellung:
1. Besonderer Schutz der heimischen Natur;
2. Nachhaltige Nutzung im Einklang mit der Natur;
3. Erhaltung der regional typischen Natur, u.a. Gebäude, Wegkreuze, Heimatvereine/Brauchtum

Die Biosphärenregion könne eine Fläche von 30 000 ha umfassen (die Kommunen Blieskastel, Mandelbachtal, Gersheim und Kleinblittersdorf ganz sowie die Kommunen Homburg, Kirkel und St. Ingbert teilweise). Das Ministerium wünsche, dass sich die Bürger allen voran die Nutzer wie zum Beispiel Landwirte oder Gastronomen, mit guten Ideen einbringen. Insbesondere haben die Gemeinden die Möglichkeit einer rechtzeitigen Mitbestimmung und sie würden nicht durch eine feste Planung des Ministeriums vor vollendet Tatsachen gestellt.